Gedanken zum Fotografieren
Zu Beginn meines Kunststudiums, im Vorkurs an der (damaligen) Schule für Gestaltung Zürich, war die Fotografie meine erste grosse Entdeckung. Zuvor war es mir nie in den Sinn gekommen, mich eines
Fotoapparats zu bedienen, um Bilder zu machen. Die Offenbarung, dass ich meinen Blick auf die Welt schulen, bewusst wahrnehmen und festhalten kann, war prägend.
Seither begleitet mich das Fotografieren immer, eigentlich täglich.
Fotografieren gehört für mich zum Sehen, Schauen und Verstehen. Anfänglich habe ich mich meiner geliebten Nikon Spiegelreflexkamera bedient, dann hatte ich während einiger Zeit eine Panasonic
Lumix, und nun, zuerst einfach mehr und mehr, und schlussendlich voll und ganz, bediene ich mich ausschliesslich der Kamera meines Smartphones. Etwas wehmütig schaue ich auf die Zeit mit dem
Fotoapparat zurück, muss jedoch ganz klar sagen, dass das spontane und (im eigentlichen Sinn) unbeschwerte Festhalten über den flachen Bildschirm etwas Unwiderstehliches an sich hat.
In meiner - hauptsächlich abstrakten oder zumal formreduzieren - zeichnerischen Arbeit setze ich mich mit der Wahrnehmung auseinander. Sowohl mit ihren optischen Aspekten und Überraschungen als
auch mit dem Erfahrungsraum, der sich über das Aufnehmen von Bildern öffnet. Das Fotografieren gehört in dieser Auseinandersetzung zur Erkundung und Recherche, wobei das Sujet wenig Wichtigkeit
hat. Was mich anzieht, ist der über das Bild entstehende Dialog zwischen Kontrasten, Strukturen, Licht und Schatten, Bewegtem und Starrem, Scharfem und Diffusem. Das Festhalten über das
Smartphone erlaubt mir dabei eine Unmittelbarkeit, welcher ich mich inzwischen fast nicht mehr entziehen kann.
So entstehen zahlreiche Bilder, welche ich regelmässig sortiere. Einige werden gelöscht, die anderen kommen in verschiedene Folder, wo ich sie wieder orten kann. Teilweise drucke ich sie aus, auf verschiedene Papiere. So finden sie ihren Weg ins Atelier, als Inspiration für Kommendes. Viele dieser zu Material gewordenen Fotografien verwende ich später auch in Collagen, wo verschiedene Fragmente (Papiere, Zeichnungen, Fotografien und gefundene Bilder) in einen Dialog miteinander treten.
Wasser und anderes.
Eis Seydisfjördur, Island, 2013
Farbfotografie
30 x 40 cm